“Zu früh, so scheint es, haben wir uns des schönen Lenzes gefreut. Nicht nur den Winterrock, auch den Ueberziehen vermeinten wir schon in den Ruhestand versetzen zu können, denn die Sonne schien so warm auf unsere Häupter; die klugen Vögelein wiegten sich auf den Zweigen und schmetterten das Lob des Höchsten in die freie Natur; die Knospen ließen sich zum Narren halten, brachen auf und entfalteten die frühen Blätter. Die Zeit schien nicht mehr ferne, wo man im Freien seinen Schwarzen trinken und seinen “Tapper” machen konnte. Der vorgestrige Tag machte dieseb Hoffnungen ein rasches Ende. Der heilige Petrus öffnete die Schleusen des Himmels, worauf das Naß dicht herunterströmte. Eine mächtige Windsbraut [RS: Wirbelsturm] fegte heulend über die Straßen, sauste um die Ecken und brachte in den Kaminen klagende Töne hervor, so daß wieder zum Kohlenhändler geschickt werden muß, will man nicht frösteln und frieren. Es ist eben auf diesen April “gar kein Verlaß”, was ja allbekannt ist. Er steckt um, so oft es ihm beliebt. Den armen Menschen bleibt also nichts Anders übrig, als zu hoffen. Der Mai hat ein besseres Renommé, weshalb ihn alle Dichter zu allen Zeiten bedangen. Zwar hat er bekanntlich auch nicht selten dasselbe getäuchscht; ommerhin ist abser seine Firma bedeutend solider als die des Aprils. In einigen Tagen tritt er seine Herrschaft an. Ziehen wir also auf ihn unsere Wechsel auf schönen Wetter und wenn er es uns unserem Voreltern gethan hat, wollen wir dies in Liedern preisen. Ob diese Lieder auch so schön ausfallen, wie die vom Heinrich Heine und Nikolaus Lenau, dafür lönnen wir allerdings nicht garantieren. Jedes Zeitalter hat eben seine eigenen Lieder und Dichter. Die einen sind besser, die anderen wieder schlechter. Wir wollen auch schließlich hoffen, faß sich der Mai dadurch nicht abhalten läßt, und so lieblich zu kommen, als es ihm nur immer möglich ist.” Badener Bezirks-Blatt vom 27.04.1889.