“Das Fernbild der Stadt, beherrscht und gegliedert von vier hochgetürmten Kirchen [RSB: St. Jacobi, St. Marien, St. Petri und St. Nikolai], kündet heute noch wie ehedem, welchen Rang Rostock unter seinen hansischen Schwestern einnahm: ‘daß es sich zwar mit der Königin der Ostsee, dem siebenmal gekrönten Lübeck, nicht messen könnte, auch nicht mit dem fünffach emporgetürmten Hamburg, daß es aber doch mehr als Lüneburg, Wismar, Stralsund und Greifswald, Riga und Reval, die alle nur mit drei großen Kirchen die Ferne grüßten’.” (Sedlmaier, Richard: Rostock, Berlin 1942, S. 3.)
Gerade anhand Rostocks Gotteshäusern läßt sich die Entwicklung der Hansestadt besonders gut nachvollziehen. Während sich die erste, slawische Siedlung am östlichen Ufer entwickelte (siehe Grafik: roter Pfeil), bildete sich die mittelalterliche Siedlung von deutschen Kaufleuten am Westufer der Warnow auf einer kleinen Anhöhe (siehe Grafik: blauer Pfeil).
St. Petri
St. Marien
Mit der mittelalterlichen Ausdehnung Rostocks nach Osten, bekam die Hansestadt ihren bedeutendster Sakralbau, die Marienkirche. Wie St. Petri auch, hatte befand sich auch auf dem heutigen Standort von St. Marien schon früher eine Kirche.
Der Bau von St. Marien begann zwischen 1260 und 1270 und unterlag vielen Rückschlagen und Veränderungen. So war es ursprüngliches Ziel eine backsteinernde Hallenkirche zu bauen, darauf deuten Teile des Turmunterbaus hin. Ab 1290 erfolgte ein Umbau zur Basilika mit Choruntergang und Kapellenkranz. Vorbild hierfür war die Lübecker Marienkirche. 1398 stürzte bin den Bauarbeiten ein Teil des Gebäudes ein, so dass erneut die Baupläne korrigiert wurde. Man schuf nun einen gotischen Zentralbau mit eingeschobenen Querschiff. Auch in den folgenden Jahrhunderten veränderte sich das Gesicht von St. Marien noch mehrmals. So geht die heutige Turmbekrönung erst auf das Jahr 1796 zurück.
“Die Türme der Kirchen waren entweder zu groß oder zu klein. Die klotzige Marienkirche, ein Bau-Ungetüm mit gewaltigem Westwerk, groß genug, um drei Türme zu tragen, oben rasch und behelfsmäßig mit einem hühnerkopfähnlichen Helmchen abgeschlossen.” (Kempowski, Walter: Tadellöser&Wolff. Ein bürgerlicher Roman, München 1971, S.22.)
Charakteristisch für St. Marien sie ist das langgestreckte Querhaus, welches nicht nur den monumentalen Charakter von St. Marien steigerte, sondern auch praktischen Nutzen besaß. Bei Regen wurde in ihm wandelnd geschäftliche Gespräche von Kaufleuten geführt und außerdem nutze man es als Abkürzung. Die Marienkirche zählt zu den beeindruckendsten Bauwerken der Hansestadt.
Obwohl St. Marien im 2.Weltkrieg dreimal Feuer fing, konnte sie, Dank des wagemutigen Einsatzes des Kirchendieners Friedrich Bombrowski und anderer Hansestädter, vor der Zerstörung bewahrt werden. Dies gilt auch für die wertvollen Kunstschätze im Inneren der Kirchen, wie die prächtige Kanzel aus dem Jahr 1574, dem Haupaltar (1721) und der von Hans Dühringer 1472 geschaffenen astronomischen Uhr.
St. Jacobi
Zwischen der Pädagogien- und Apostelstraße stand früher die Jacobi-Kirche. Sie bildete den Mittelpunkt der “Neustatd” rund um das Kröpeliner Tor. Obwohl St. Jacobi einige Ähnlichkeiten zur Petrikirche aufwies, war sie im ganzen größer angelegt.
“Die Wucht ihres prunklosen Äußeren legt sie ziemlich in die Breite. Nur ihr viereckiger Turm ist mit Ziegeln von schwarzer Glasur, als einziger Schmuck, bedeckt, während er weiter nach den Wolken zu einen schlanken, zopfigen Helm, der mit Kupfer belegt ist, in die Höhe schießen läßt. […] Hohe, schmale Fenster ssind in die Außenwand geschnitten, wobei die Nordseite ihre Wirkung leider durch blinde Fenster in einem monotonen Anblick erstickt. Nur dort gerät an dieser Stelle erst wieder Leben in dieArchetektonik des Bauwerkes, wo kleine Spitzgiebel eine Anmutige Galerie mit Kreuzblumen und Rosetten winden.” (Behrend, Walter: Rostock und Wismar. Zwei Ostseestädte, Leipzig o.J.)
Die erste Bauphase begann im frühen 14. Jahrhundert, um 1350 wurde sie beendet. 1465 wurde schließlich auch der mächtige quadratische Westturm mit seinem stumpfen Pyramidenturm fertiggestellt. Einen neuen Turmhelm erhielt der Bau 1588 sowie auch die letzten Kirchenfenster und war damit endgültig abgeschlossen.
Der ungewöhnlich gerade Chorabschluß, zeigt, dass der im 13. Jahrhundert geborene Architekt englischer Herkunft war oder zumindest dort ausgebildet wurde.
Seit dem 15. Jahrhundert war eng mit der 1419 gegründeten Rostocker Universität verbunden. Besonders die Professoren der Theologischen Fakultät waren oft auch Pfarrer der Jakobikirche. Die Kirche wurde 1487 in ein Domstift umgewandelt, der nach der Reformation aufgelöst wurde. Später nahm hier das Konsistorium, die geistliche Gerichtsbarkeit in Mecklenburg ihren Sitz.
Die Zerstörung der Jacobikirche lief in drei Phasen ab, während bei den Bombenangriffen in den Nächten vom 24. bis zum 27. April 1942 das Hauptschiff ausbrantte und der Turmhelm und der Dachstuhl zerstört wurde, stürtzte das Kirchenschiff erst 1947 bei der Sprengung eines nahegelegenen Bunkers ein. Obwohl das Tumrmassiv nach einem Gutachten noch zu sanieren gewen wäre, fiel St. Jacobi den Planungen der Regierung der DDR zum Opfer, welche die Umgestaltung der Lange Straße als sozialistisches Zentrum vorsah. Der Abbruch begann 1958 und wurde 1960 beendet. Mit St. Jacobi fiel eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt den zwei deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts zum Opfer.
Einzelne Einrichtungsgegenstände, wie ein schmiedeeisernes Türgitter, welches heute den Treppenaufgang zum Gemäldesaal des Kulturhistorischen Museums ziert, blieben erhalten.